

MÜN
Treibhaus Münnerstadt
städtebaulicher Wettbewerb (ein 1.Preis)
Konversion einer Gärtnerei in ein Wohnquartier mit 134 Wohneinheiten
Münnerstadt, 2023
Situation.
Im Vordergrund der einzigartigen Altstadtsilhouette Münnerstadts liegt das Potenzial der ehemaligen Gärtnerei.
Wurde das ‚Bötzareal‘ aufgrund seiner bisherigen Nutzung als hermetisch und als Randlage der Stadt empfunden, bietet sich durch die neue Entwicklung die Chance zur Neuorientierung im Stadtgefüge. Die Besonderheit und Lagegunst des Ortes ist das Dazwischen, zwischen Altstadt und Siedlung sowie zwischen Stadt- und Landschaftsraum. Auf dem Areal wird keine Stadtrandsiedlung entworfen, sondern ein Stück zukunftsorientierte LandStadt, mit eigener, modellhafter Identität und neuen (frei)räumlichen Qualitäten.
Konzept.
Das stadträumliche Konzept des Entwurfs greift in Proportion, Struktur und Morphologie die Platzräume Münnerstadts auf — Marktplatz, Anger, Grube — und vernetzt durch die Stadtmauer und Talwasseraue hinweg über eine Passerelle mit dem Areal und dem neuen Quartiersplatz.Die signifikante Altstadtsilhouette wird dabei nicht verstellt, Blickbeziehungen hingegen bewusst inszeniert.
Hier, im gärtnerisch geprägten Kontext, formulieren vier Gebäude-Cluster das neue Quartier. Das erste Cluster, nördlich an der Zufahrt Friedhofstraße gelegen, ist partiell bereits vorhanden, es wird arrondiert und definiert das Entrée zum Quartier. Die Abfolge sukzessive realisierbarer Abschnitte ergänzen die zu jedem Zeitpunkt funktionierende städtebauliche Struktur und münden gemeinsam am Quartiersplatz mit seinen aktiv nutzbaren Ecken.
Erschließung.
Auf die umgebenden öffentlichen Erschließungen der Friedhof- und Freibadstraße kann zurückgegriffen werden, die gesamte MIV-Anbindung erfolgt über die vorhandenen Straßen. Notwendige Stellplätze werden an den Zufahrten oberirdisch im Mobilitäts-Hub untergebracht, eine Energie, Parkierungs- und Umsteigestation mit E‑Ladeinfrastruktur und Sharing-Angeboten. Das neue Quartier bleibt im Inneren autofrei. Die interne Wegeverbindung kann zwar vom Rettungs- und Lieferverkehr befahren werden, dient jedoch vorrangig dem Fuß- und Fahrradverkehr sowie dem Aufenthalt der Bewohnerschaft.
Freiraum.
Ein Rhythmus aus unterschiedlich charakterisierten Freiräumen dekliniert die landschaftlich reizvolle Situation zwischen Stadt und Land: Während die dem öffentlich gewidmeten Freibereich zugewandten Erdgeschosse die Baukörper als abgesetzte Vorgartenräume zonieren, fassen die Bebauungs-Cluster nach Innen einen zentralen gemeinschaftlichen Freiraum. Hier finden sich Aufenthaltsbereiche für die Anwohnenden und Spielflächen, die durch ihre individuelle Gestaltung mit Spielelementen hohen Identifikationswert für die Bewohner besitzen. Ein Teil eines wieder- und umgenutzten ‚Treibhauses‘ ermöglicht zentral gelegene Keller-Ersatzräume, sowie gemeinschaftliche Nutzungen der Bewohnerschaft, für Gärtnern, Spiel, Joga, Feiern, Hobby, Tischtennis, etc.
Die Bebauungs-Cluster sind in halböffentliche Grünräume als Streifräume eingebettet, parkartig gestaltete, großzügige Aufenthaltsfreiräume mit raumbildenden Konturen, die gemeinsam nutzbare Aneignungsflächen anbieten. Strukturell und im Charakter sind die Streifräume der Nachbarschaft zugeordnete, informelle, veränderbare Freiräume. Sie können dabei sowohl als kollektives Gartenland begriffen werden, als auch als Aneignungsraum. Eine locker mit Obstbäumen überstandene Baumwiese durchzieht diese Flächen als stabilisierender Layer, dazwischen liegt der grüne, vegetationsgeprägte Aneignungs- und Streifraum.
Die Talwasseraue wird komplett entsiegelt und fungiert als biodiverser, naturnah gestalteter Landschaftsraum mit Retentionsaufgaben im Überschwemmungsgebiet.
Typus.
Kompakte Baufelder bilden jeweils einen maximalen Nutzungsmix für übersichtliche Nachbarschaften und schaffen innerhalb eines Baufelds Identität und Individualität. Die Durchlässigkeit des Freiraums und die Nähe zum neuen quartiersbezogenen ‚Zisternen-Platz‘ sind von jeder Wohnung aus erlebbar und zugänglich.
Die kompakten zwei- bis dreigeschossigen Gebäude artikulieren Horizonte mit unterschiedlichen Außenraumorientierungen: Sockel, Mittelzone und Dachgeschoss. Die Sockelgeschosse stellen die Schnittstelle zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum dar. Die begrünten Höfe sind Orte für die Gemeinschaft mit Hauszugängen, Spiel- und Aufenthaltsbereichen. Balkone, Dachterrassen und Loggien richten alle Wohnbereiche auf den Freiraum hin aus.
Die gegliederte Dachlandschaft erlaubt trotz der kompakten Baukörperkonfiguration eine kleinteilige und abwechslungsreiche Struktur.
Als ressourcenschonende und klimagerechte Bauweise wird die gesamte Bebauung als Holzskelettbau mit Massivdecken vorgeschlagen.
Der regelmäßige, modellhafte Skelettbau bildet variantenreiche Typologien, die ein variables und breites Spektrum an Wohnformen, Akteuren, Kombinationen und Mischungen ermöglichen. Vor dem Hintergrund der Gewässernähe aber auch zur Ressourcenschonung wird bei allen Gebäuden auf eine Unterkellerung verzichtet, Keller-Ersatzräume befinden sich in den wiederverwendeten Treibhäusern im Hof.